Argumente von Gegnern einer Cannabis-Legalisierung
Mir sind im Laufe der vielen Jahre schon einige Argumente der Bedenkenträger oder strikten Gegnern einer Legalisierung untergekommen. Sei es in den vielen Diskussionen auf Social Media Plattformen (Facebook, Twitter), oder aber beim Verfolgen von Expertenrunden in verschiedenen Medien. Im Folgenden versuche ich eine Übersicht mit meiner persönlichen Gegenargumentation zu geben. Dabei erhebe ich keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit, aber vielleicht kann diese Übersicht dem ein oder anderen helfen.
Dies hier soll allerdings kein Vergleich zu der sehr guten Aufklärungsseite cannabisfakten.de vom Deutschen Hanfverband (DHV) darstellen, welche ich bei vielen Diskussionen immer wieder gerne verlinke. Dort sind alle Fakten mit Quellen untermauert und die Seite insgesamt natürlich viel professionieller erstellt und seriöser.
Meine Übersicht betrachte ich als eventuell kleine zusätzliche Hilfestellung für (Neu-)Aktivisten und spiegelt rein meine persönliche Erfahrung und Sicht wieder. Also bitte nicht überbewerten 🙂
Wenn ihr noch weitere Links mit Inhalten zur Aufklärung sucht, die man Gegnern an die Hand geben kann, schaut mal in meine Linksammlung unter Grundlagen zum Thema Cannabis und Prohibition
Eines noch vorweg:
Der Konsum von Cannabis ist faktisch mit realen Risiken verbunden, auch wenn man nicht daran sterben kann. Verharmlosung und Dramatisierung stehen einer nüchternen Betrachtung im Weg. Es ist weder Brokkoli noch Plutonium.
Inhaltsverzeichnis
- Aber wir müssen doch die Jugend schützen!
- Aber das ist doch ein falsches Signal an junge Menschen!
- Der Jugendschutz funktioniert doch bereits nicht bei Alkohol und Tabak!
- Aber durch eine Legalisierung ist es erst recht überall verfügbar!
- Cannabis wird doch verharmlost und die Kliniken sind voll mit jungen Menschen!
- Cannabis macht doch süchtig, man kann damit nicht verantwortungsvoll umgehen!
- Es gibt auch Erwachsene mit Cannabis-Problemen!
- Lasst doch die Finger von dem Zeug!
- Noch eine weitere Droge?
- Dann kann ich doch auch Ampeln abschaffen oder sogar Raub und Mord erlauben!
- Der Alkohol wird doch als Genussmittel verwendet und Cannabis nur zum Berauschen!
- Aber nach der Legalisierung kiffen doch viel mehr Menschen!
- Also wenn Cannabis legalisiert wird, dann müssen bei gesundheitlichen Problemen die Folgekosten selber getragen werden!
- Aber es ist doch nicht nur eine Selbstschädigung, denn Cannabis-Konsumenten sind nicht so leistungsfähig. Das ist ein Schaden für die Volkswirtschaft!
- Aber es ist doch eine Einstiegsdroge!
- Aber die internationalen Verträge verhindern eine Legalisierung!
Aber wir müssen doch die Jugend schützen!
Das Problem der aktuellen Verbotspolitik ist, dass unter dem Deckmantel des vermeintlichen Jugendschutzes alle erwachsenen Konsumenten kriminalisiert werden und unter dem Schwarzmarkt leiden. Einen Jugend- oder Verbraucherschutz gibt es aber auf dem Schwarzmarkt faktisch nicht. Gegner einer Legalisierung klammern sich an einer Illusion, dass die Prohibition die Verfügbarkeit einschränken würde. Dem ist nicht so.
Jugendliche können frei von jeder Alterskontrolle Cannabis kaufen, auch in ländlichen Gebieten und nicht nur in größeren Städten. Irgendwer kennt i.d.R. immer irgendwen, der etwas besorgen kann. Auch der Internethandel hat immer mehr zugenommen. Es ist also insgesamt kein großes Problem irgendwo Cannabis zu besorgen. Zumal es im Gegensatz zu Kokain auch relativ einfach hierzulande “produziert” werden kann.
Durch das Cannabisverbot sind zusätzlich die so genannten „Legal Highs“ (z.B. “Spice”) entstanden, welche im Gegensatz zu richtigem Cannabis teilweise sogar tödlich sein können. Dabei handelt es sich um synthetische Wirkstoffe (synthetische Cannabinoide), welche wesentlich stärker und unberechenbarer wirken, als natürliche Cannabinoide, wie das berühmte und gut erforschte THC.
Diese synthetischen Cannabinoide gehören zu den “Neuen psychoaktiven Stoffe” (kurz NPS), welche spottbillig zu beziehen sind und auf irgendwelche Kräutermischungen gesprüht werden.
Noch schlimmer als Legal Highs ist die Tatsache, dass minderwertige oder nicht berauschende Cannabisblüten immer häufiger mit diesen synthetischen Cannabinoiden besprüht werden. Damit wird den Konsumenten eine potente Ware vorgegaukelt, welche im schlimmsten Fall lebensbedrohlich sein kann. Also kommen neben Erwachsenen auch Jugendliche unwissentlich mit solchen synthetischen Cannabinoiden in Kontakt.
Dazu gibt es eine bunte Palette an weiteren Streckmitteln, die einfach das Gewicht und/oder Optik beeinflussen sollen. Der Kreativität sind da keine Grenzen gesetzt: Zucker, Haarspray und sogar Bleistaub wurde schon gefunden.
Zusätzlich verschlimmern die häufigen Verunreinigungen (Schimmel, Dünger-/Pestizid-Rückstände), neben den erwähnten Streckmitteln, die gesundheitlichen Risiken.
Die meisten Gefahren in Punkto Cannabis bestehen für Jugendliche unter 18 Jahren, aber es empfiehlt sich erst im Alter von 21 (oder besser noch 25) mit dem Cannabiskonsum zu beginnen. Ab 21 Jahren ist das männliche Gehirn weitestgehend ausgereift und die Risiken für psychische Probleme sinken enorm. In der Wissenschaft sagt man, dass ab 25 Jahren das männliche Gehirn vollständig ausgereift ist. Bei Frauen soll dies etwas früher der Fall sein.
Der tägliche Konsum von Cannabis, im schlimmsten Fall von früh bis spät, ist für viele Menschen auf Dauer absolut keine gute Idee. Insbesondere für junge Menschen.
Also Faktoren wie Frequenz, Menge und Qualität spielen eine große Rolle.
Aber junge Menschen konsumieren normalerweise unter sich und einige reflektieren nicht unbedingt das Konsumverhalten. Manche bekommen dann durch meist jahrelanges problematisches Konsumverhalten psychische Probleme und erhalten häufig erst sehr spät Hilfe. Da das Thema gegenüber Eltern oft noch mit Angst und Stigmatisierung behaftet ist, wird halt manchmal solange heimlich konsumiert, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist.
Worin die Gründe für problematisches Konsumverhalten liegen, können sehr unterschiedlich sein, wie z.B. der Reiz des Verbotenen, Langeweile, Leistungsdruck, Perspektivlosigkeit, PTBS, familiäre oder sonstige Probleme.
Ein gemäßigter Umgang mit sauberen und klar deklarierten Cannabis minimiert die meisten Risiken in diesem Zusammenhang.
Neben einem Jugendschutz durch mögliche Fachgeschäfte ist eine ehrliche, sachliche und ansprechende Aufklärung auf Augenhöhe und ohne Ängste enorm wichtig.
Wie viele Jugendliche haben, nachdem sie erste positive Konsumerfahrungen mit Cannabis gemacht haben, die bisherige (meist sehr schlechte) Drogenaufklärung in Schulen etc. hinterfragt? Da sind bestimmt einige zu dem Schluss gekommen, dass ihnen bei anderen Substanzen auch nur Unsinn erzählt wurde um Angst zu erzeugen. Gefährlich wie ich finde.
Ein laienhaftes Beispiel für ehrliche Aufklärung aus meiner Sicht als Konsument und Vater, welches sicherlich didaktisch überarbeitet werden könnte:
Ehrliche Aufklärung
Aber das ist doch ein falsches Signal an junge Menschen!
Jetzt gibt es leider viele konservative Politiker, Polizisten und Mitbürger die in einer Legalisierung von Cannabis ein falsches Signal insbesondere für junge Menschen sehen. Das hat nichts mit empirischen Studien oder Logik zu tun, sondern einfach mit persönlichen Meinungen.
Nur helfen persönlichen Meinungen den Jugendlichen nicht, die in Suchtkliniken landen.
Alkoholwerbung, Politiker mit Bierkrügen in der Hand, Oktoberfeste, Familienfeste, Karneval könnte man als Beispiel für ein falsches Signal heranziehen.
Ich persönlich fände folgende Einsicht ein richtiges Signal und bin damit sicher nicht alleine:
„Wir sind lange Zeit, wie so viele Menschen, Irrtümern erlegen, aber wir haben dazugelernt und wollen die Fehler der Vergangenheit korrigieren!“
Das würde von Lernfähigkeit und Selbstreflektion zeugen, aber dazu sind aktuell viele konservative Politiker nicht bereit. Hoffen wir, dass sich dies bald ändert.
Wenn man dies mit ehrlicher Aufklärung verbinden würde, dann wäre den Jugendlichen mehr geholfen, als in der aktuellen Situation:
Ehrliche Aufklärung
Der Jugendschutz funktioniert doch bereits bei Alkohol und Tabak nicht!
Den schlechten Jugendschutz bei Tabak oder Alkohol darf man nicht mit dem Jugendschutz für die angedachte Cannabis-Legalisierung mit Fachgeschäften vergleichen!
Die Cannabis-Fachgeschäfte würden z.B. bei Verstößen die Lizenz verlieren, also deren Lebensgrundlage! Im Gegensatz zu Supermärkten, Tankstellen oder Kiosken, wo nicht immer so genau hingeguckt wird. Zudem stehen Alkoholika omnipräsent und ungeschützt in Regalen und können auch von Jugendlichen geklaut werden.
Zigaretten kann ich mit einer “ausgeliehenen” ec-Karte oder Personalausweis ziehen, also eigentlich gehören solche Automaten verboten.
In den US-Staaten, wo bereits legalisiert wurde, und Kanada werden die Ausweise streng geprüft, bevor man überhaupt ein Cannabis-Fachgeschäft betreten darf.
Das es keine Fachgeschäfte für diese bereits legalen Drogen gibt, woran jährlich alleine in Deutschland mindestens 125.000 Menschen sterben, halte ich für unlogisch.
Auch die Werbungen und Sponsoren-Verträge von Alkohol-Produzenten in den Medien und bei Sportveranstaltungen soll mir mal einer vernünftig begründen.
Natürlich kann ein Erwachsener immer Alkohol, Tabak und im Falle einer Legalisierung auch Cannabis den Jugendlichen besorgen, aber man hätte zumindest noch eine Art soziale Kontrolle und keinen unkontrollierten Schwarzmarkt ohne Alterskontrolle. Man könnte die Jugendlichen dadurch besser erreichen und aufklären. Außerdem wären die Risiken durch kontrolliert angebautes Cannabis, welches dazu noch bezüglich des Wirkstoffgehaltes (THC/CBD) klar gekennzeichnet wäre, wesentlich geringer, als das Lotteriespiel auf dem Schwarzmarkt. Wenn jemand z.B. Bier probieren möchte, aber nur Schnaps besorgen kann, was aber noch nicht mal auf der Verpackung steht, dann verschlimmert das die Probleme!
Aber durch eine Legalisierung ist es erst recht überall verfügbar!
Es wäre sehr naiv zu denken, dass ein generelles Cannabis-Verbot die Verfügbarkeit wesentlich einschränken würde. Es ist mittlerweile auch wissenschaftlich belegt, dass die Gesetzgebung keinen nennenswerten Einfluss auf Konsumentenzahlen und Konsumverhalten hat. Außerdem ist mittlerweile nicht mehr zu leugnen, dass die Strafverfolgung bezüglich Cannabis selbst mehr Schaden anrichtet, als dass sie nützen würde.
Cannabis wird doch verharmlost und die Kliniken sind voll mit jungen Menschen!
Es verwundert auch nicht, dass sich einige Psychiater und Suchtberater, die hauptsächlich mit jugendlichen Cannabis- oder Legal Highs-Opfern beschäftigt sind, weiterhin für ein Verbot aussprechen. Sie sehen ja täglich nur die Problemfälle und nicht die große Masse an unauffälligen Konsumenten, die verantwortungsvoll damit umgehen können. Ein besonderer Vertreter dieser Spezies der Verbots-Verfechter ist der Herr Rainer Thomasius. Er wird schon seit langem von Aktivisten und seriösen Experten nicht mehr ernst genommen, da dieser Mann immer neue abwegige Behauptungen aufstellt. Das führt hier zu weit, aber im Internet gibt es dazu genug Material, welches das belegt.
Es gibt ganz klar Risiken insbesondere für Jugendliche, aber die entscheidene Frage ist, wie wir diese Gefahren reduzieren können. Wir haben trotz des Verbots viele Jugendliche in Suchtkliniken oder Therapie-Programmen. Das zeugt nicht gerade von einem Erfolg der jetzigen Politik würde ich behaupten.
Nicht wenige Jugendliche und auch Erwachsene werden aber aufgrund von Repressionsmaßnahmen an Teilnahme von Therapien gezwungen, was nicht eine besonders kluge Maßnahme ist. Die meisten, die zu solchen Therapien gezwungen werden, wissen, was sie den Therapeuten erzählen müssen, um möglichst schnell wieder diese Therapie beenden zu können. Urinkontrollen sind unwürdig, nur weil man nicht die tolerierte Drogen konsumiert, darf man nicht zu solchen Maßnahmen gezwungen werden. Zumal diese Menschen problemlos in jedem Laden Alkohol kaufen können (insofern sie mindestens 16 Jahre alt sind), welcher wissenschaftlich erwiesen einen größeren körperlichen und gesellschaftlichen Schaden anrichtet.
Es muss natürlich Hilfsangebote geben, aber bitte auf freiwilliger und ehrlicher Basis, sonst werden die realen Erfolge immer recht spärlich sein.
Und ehrliche Aufklärung würde z.B. so aussehen:
Cannabis macht doch süchtig, man kann damit nicht verantwortungsvoll umgehen
Das entbehrt jeder wissenschaftlichen Grundlage. Dies sieht die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen ziemlich ähnlich und ist damit nicht alleine. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen ist ein Dachverband, dem etwa 25 Verbände angehören, welche wiederum über 1.000 Sucht- und Drogenberatungsstellen und mehrere Hundert Kliniken betreiben.
“Wir haben in Deutschland – und das ist keine Ausnahme, sondern weltweit die Regel – mehrere Millionen Gelegenheitskonsumenten, häufige Konsumenten und Dauerkonsumenten. Diese Zahl von Konsumenten haben wir schon seit vielen Jahren. Daran gibt es überhaupt keinen Zweifel. Davon entwickelt ein Teil – natürlich nur ein kleinerer Teil; das ist zum Glück bei allen Sucht- und Rauschmitteln so – eine Abhängigkeit, ein Missbrauchsverhalten, macht grobe Fehler unter dem Einfluss der Substanz, nimmt am Straßenverkehr teil usw.; gar keine Frage. Das wissen wir. Wir wissen aber auch – und da widerspreche ich Ihnen, Frau Dr. Franke –, dass kontrollierter Cannabiskonsum nicht nur möglich ist, sondern von den meisten Konsumenten auch praktiziert wird. Von den mehreren Millionen Cannabiskonsumentinnen und -konsumenten in Deutschland wird natürlich der größte Teil kontrolliert konsumieren. Sie fallen ja nicht auf.”
Dr. Raphael Gaßmann, Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen, Anhörung im Landtag NRW bezüglich Cannabis vom 04.02.2015
Es gibt auch Erwachsene mit Cannabis-Problemen
Natürlich bestehen auch für Erwachsene einige Risiken, wie den problematischen Konsum von Cannabis, ein unbekannter Wirkstoff-Gehalt und oft verunreinigte Ware (z.B. Schimmel, Pestizid-Rückstände oder Streckmittel).
Alkohol, Tabak, Fastfood, Schokolade, Chips und vieles mehr kann man im schädlichen Maß zu sich nehmen, das gilt auch für Cannabis. Aber deswegen verbieten wir ja Alkohol, Tabak und Fastfood auch nicht, nur weil man sich damit umbringen kann.
Und es sollte jedem einleuchten, dass verunreinigte Ware wesentlich mehr Schaden anrichtet, als saubere Ware. Bei den Streckmittel werden manche profitorientierten Produzenten immer kreativer. Es wurde ja sogar schon Blei im Cannabis gefunden. Gesund ist das auf jeden Fall nicht! Diese Probleme waren damals in Zeiten der Alkoholprohibition auch vorhanden, also könnte man einfach aus der Geschichte lernen.
Doch auch die auf dem Schwarzmarkt fehlende Kennzeichnung des Wirkstoffgehalts (THC und CBD) kann ein Problem für manche Menschen darstellen. Zumindest merkt man häufig wie stark die Ware ist und stellt sich entsprechend darauf ein. Eine fehlende Kennzeichnung ist trotzdem unvorteilhaft. Stellen Sie sich mal vor sie kaufen Bier und sie haben keine Ahnung wieviel Prozent Alkohol enthalten ist! Bei alkoholischen Getränken schmeckt man allerdings meistens, wenn viel Alkohol enthalten ist (wie z.B. beim Spirituosen), was bei Cannabis erstmal nicht der Fall ist.
Es wäre sehr wünschenswert, wenn ich auch bei Cannabis die Wahl zwischen Bier, Likör und Schnaps hätte, um es vereinfacht zu sagen. Aber nein… um angeblich mit einem Totalverbot die Jugend zu „schützen“, werden alle Erwachsenen auf den Schwarzmarkt mit all seinen Folgen gedrängt.
Das sind alles Folgen des Cannabis-Verbots!
Lasst doch die Finger von dem Zeug!
Jetzt könnte ein Legalisierungs-Gegner sagen, dass man doch einfach die Finger davon lassen könne, wenn es solche Risiken wie verunreinigte Ware und nicht deklarierte Wirkstoffe gibt.
Aber wieso sollen sich erwachsene Menschen von anderen erwachsenen Menschen so etwas vorschreiben lassen? Sollen wir den Alkohol verbieten, weil manche damit Probleme haben und eventuell daran sterben? Die Alkoholprohibition, mit all ihren Auswirkungen ist grandios in den USA gescheitert, dass wollen wir bestimmt nicht wiederholen. Die Folgen der Alkohol-Prohibition sind übrigens zum Großteil übertragbar auf die Cannabis-Prohibition. Zur Alkoholprohibition gibt es viele Infos und Dokumentationen im Internet zu finden, deswegen möchte ich hier nicht zu sehr darauf eingehen, aber trotzdem ein paar Worte dazu:
Als in den USA damals die Alkohol-Prohibition existierte, gab es eigentlich nur wenig Bier (welches auch nicht schmeckte) und viel schlechten Fusel, der viel zu teuer verkauft wurde und auch gesundheitlich wesentlich bedenklicher war, als der legale Schnaps heutzutage. Damals konnte man, wenn man Pech hatte, erblinden. Außerdem wurde oft Maisschnaps mit irgendwelchen Aromastoffen versetzt um die verschiedenen Alkoholsorten zu simulieren (Rum, Gin, Bourbon usw.). Ein Kennzeichnung für Alkoholgehalt oder gar eine Qualitätskontrolle gab es natürlich nicht mehr auf dem illegalen Markt.
Natürlich ist Alkohol nach wie vor, auch wenn er legalisiert wurde, gefährlich für den Körper und kann bei Alkoholikern oder Problemkonsumenten auch zusätzlich das soziale Umfeld schaden.
Aber ein Totalverbot (wie damals in den USA) schadet mehr, als es nützt. Es schadet den Konsumenten und macht Kriminelle reich.
Das ist bei Cannabis nicht anders. Streng genommen ist dies bei allen Drogen der Fall, aber es gibt bezüglich der momentan illegalen Drogen die meisten Konsumenten bei Cannabis und es kann relativ einfach “produziert” (angebaut) werden..
Ergo besteht dort der größte Handlungsbedarf. Gleichzeitig ist es auch eine der weniger gefährlichen Drogen, auch wenn nicht völlig frei von Risiken. Aber Risiken lassen sich durch ehrliche Aufklärung definitiv besser minimieren, anstatt mit der bisherigen Vorgehensweise.
Und trotz dieser ganzen Risiken des Schwarzmarktes, gibt es vermutlich eher wenige Probleme gesundheitlicher Natur durch die fehlende Deklaration des Wirkstoffgehaltes, aber bestimmt nicht wenige durch Streckmittel und sonstige Verunreinigungen (Pestizide, Düngemittelrückstände, Schimmel usw.).
Letztendlich reden wir über unsere verfassungsmäßigen Freiheitsrechte!
Noch eine weitere Droge?
Ein Standardargument der Verbots-Befürworter, wirft die Frage auf, ob wir eine weitere Droge in unserer Gesellschaft haben möchten. Dabei wird einfach komplett ignoriert, dass es jetzt schon Millionen Konsumenten gibt und immer geben wird. Wir können die Augen davor verschließen, aber die Realität ist nun mal so, ob das einem persönlich gefällt oder nicht. Die Frage lautet eher, wie wir damit umgehen sollen. Einfach den unkontrollierten Zustand so belassen oder den Umgang damit regulieren?
Alternativ können wir auch weiterhin versuchen die Nachfrage bezüglich Cannabis, welche durch Millionen von Konsumenten existiert, einfach mit dem Strafrecht zu zerschlagen. Aber das hat seit Anbeginn der Prohibition nicht funktioniert und die Erfolgsaussichten für die Zukunft sind somit sehr gering. Zumal ein „Erfolg“ auf Seiten der Strafverfolgung immer mit dem Preis des massiven Unrechts einher geht.
Dann kann ich doch auch Ampeln abschaffen oder sogar Raub und Mord erlauben!
Legalisierungs-Gegner unterscheiden oft nicht zwischen Selbst- und Fremdschädigung. Das sind allerdings zwei völlig verschiedene Aspekte des Strafrechts!
Jedem sollte klar sein, dass man mit Raub jemand anderem Schaden zufügt. Durch die Abschaffung von Verkehrsregeln oder Ampeln sind auch andere Menschen gefährdet.
Mit Cannabis schadet man sich höchstens selbst, wie mit Fastfood, Alkohol oder Tabak auch.
Auch das Argument, dass es mehr berauschte Autofahrer geben würde, kann den Erfahrungen aus Kanada, US-Staaten, Portugal und den Niederlanden nicht standhalten.
Fremdgefährdung durch einen akuten Ausbruch einer Psychose, können bestehen, aber dieses Risiko kann ja, wie bereits erklärt, durch einen Jugendschutz und ehrliche Aufklärung minimiert werden. Generell betrifft das Psychose-Risiko einen sehr kleinen Teil der Konsumenten, welche bereits eine latente Psychose in sich tragen und die Cannabis im Übermaß und über lange Zeit konsumieren, also missbrauchen.
Bei diesem Argument wird auch gerne zusätzlich ausgeblendet, dass Alkohol bei nicht wenigen Zeitgenossen Aggressionen fördert und ebenfalls Psychosen triggern kann. Ich möchte Alkohol auch nicht schlecht machen, aber man muss auch einfach Relationen aufzeigen.
„Das Drogenstrafrecht beinhaltet die gravierende Besonderheit, dass ein potentiell selbstschädigendes Verhalten mit Strafe bedroht wird. Selbst die alternative Begründung, nicht die Selbstschädigung, sondern die abstrakte Fremdschädigung sei strafbewehrt (z. B. durch Belastung des Gesundheitssystems oder des persönlichen Umfeldes im Falle einer Suchterkrankung des Konsumenten) ist juristisch eine absolute Ausnahme.“
Quelle:
Offener Brief von LEAP Deutschland an die Abgeordneten des deutschen Bundestags (27.02.2019)
Der Alkohol wird doch als Genussmittel verwendet und Cannabis nur zum Berauschen!
Wenn Bier, Wein, Likör und Schnaps nur zum Genuss konsumiert werden würde, warum ist denn überhaupt Alkohol enthalten?
Der eine mag vielleicht Obstler, Korn oder Wodka, der andere nicht. Der eine mag Bier, der andere lieber Wein. Es gibt bei alkoholischen Produkten Unterschiede in Geschmack und Wirkung, wie bei Cannabis auch.
Alkohol aber primär als Genussmittel zu verkaufen, dass nicht wegen seiner Wirkung getrunken wird, ist scheinheilig und unglaubwürdig.
Auf dem Oktoberfest, zu Karneval und Silvester, auf jeder Party und Disko sieht man natürlich nur Genusstrinker.
Außerdem gibt es beim Alkohol keinen unschädlichen Konsum.
„Eine Studie, die Daten von 28 Millionen Menschen nutzt, zeigt: Alkohol schadet ab dem ersten Tropfen. Und ist weltweit für noch mehr Tote verantwortlich als gedacht.“
Quelle:
Artikel „Selbst das eine Bierchen ist schon ungesund“ vom 24.08.2018
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2018-08/alkoholkonsum-studie-gesundheit-schaedlichkeit-tote
Wenn man sauberes Cannabis in den persönlich richtigen Dosierungen vaporisiert (verdampft) oder oral konsumiert, dann bestehen nach aktuellem Wissensstand keine vergleichbaren körperlichen Risiken, wie es beim Alkohol der Fall ist!
Und Cannabis schmeckt, insofern es pur konsumiert wird, recht lecker. Wobei sich über Geschmack ja nicht streiten lässt.
Wenn Cannabis in unterschiedlichen Stärken verfügbar und entsprechend gekennzeichnet wäre, könnte man die Wirkung auch noch viele genauer abschätzen und steuern. Nicht jeder möchte sich komplett abschießen, wenn er Cannabis konsumiert!
Aber nach der Legalisierung kiffen doch viel mehr Menschen!
In den Medien und Suchtberichten, werden gerne Konsumentezahlen genannt. Jedem muss bewusst werden, dass wir über geschätzte Zahlen reden. Die einzigen realistischen Zahlen erhalten wir momentan aus Staaten, wo der Freizeitkonsum komplett legalisert wurde (einige US-Staaten, Kanada, Uruguay). Daher sind seriöse Vorher/Nachher-Vergleiche unmöglich, man kann höchstens zu Zeiten der Prohibition gut oder schlecht geschätzt haben.
Wenn also jemand mit gestiegenen Konsumentenzahlen nach einer Legalisierung argumentiert, dann hat das keine wirkliche Substanz und auch an sich keine Relevanz.
Selbst wenn nach einer Legalisierung wirklich die Konsumentenzahl ansteigt, wird dies wahrscheinlich nur ein temporärer Anstieg sein, denn es gibt viele neugierige Menschen, die es dann zumindest einmal ausprobieren möchten. Das wird dann auch wahrscheinlich wieder nachlassen und selbst wenn nicht, wäre das kein Grund für ein Verbot.
Denn der Rechtsstaat sollte nicht ohne Grund die Freiheit der Bürger einschränken.
Ich habe öfters die Vermutung vernommen, dass es insgesamt für die Bevölkerung besser wäre, wenn insgesamt weniger Alkohol getrunken und dafür mehr Cannabis konsumiert werden würde. Ich teile diese Einschätzung. Am besten ist es sicherlich, wenn man gar keine Drogen zu sich nimmt, aber das muss einem selbst überlassen werden. Und dazu benötigen wir ehrliche Aufklärung und eine kontrollierte Produktion und Abgabe an Erwachsene.
Also wenn Cannabis legalisiert wird, dann müssen bei gesundheitlichen Problemen die Folgekosten selber getragen werden!
Handhaben wir das bei Alkoholikern, Lungenkrebspatienten, Diabetespatienten, Sportlern, Bergsteigern oder Suizidversuchen genauso? Dies sind jetzt nur ein paar wahllose Beispiel. Es gibt so viele Bereiche im Leben, wo man sich selber schädigen kann. Fangen wir jetzt wirklich an irgendwelche Grenzen zu ziehen und Menschen mit ihren Problemen alleine zu lassen?
Die Folgekosten haben wir im Übrigen jetzt schon, da bereits Millionen Menschen konsumieren. Nur würden durch saubere Ware, Jugendschutz und bessere Aufklärung weniger Folgekosten existieren.
Wenn man mit sauberen Cannabis aufgeklärt umgeht und eine möglichst unschädliche Konsumform wählt, dann sind allerdings auch weniger Kosten für das Gesundheitssystem zu rechnen, als bei Alkoholkonsum. Es gibt keinen unschädlichen Alkoholkonsum, da jeder Tropfen bereits Körperzellen direkt schädigt. Wenn man Cannabis verdampft oder oral einnimmt, dann umgeht man die Schädigung durch den Verbrennungsprozess. Von dem Mischkonsum mit Tabak muss man an dieser Stelle allerdings dringend abraten! An den Folgen von Tabakkonsum sterben jährlich mehr Menschen als an Alkohol.
„Das Drogenstrafrecht beinhaltet die gravierende Besonderheit, dass ein potentiell selbstschädigendes Verhalten mit Strafe bedroht wird. Selbst die alternative Begründung, nicht die Selbstschädigung, sondern die abstrakte Fremdschädigung sei strafbewehrt (z. B. durch Belastung des Gesundheitssystems oder des persönlichen Umfeldes im Falle einer Suchterkrankung des Konsumenten) ist juristisch eine absolute Ausnahme.“
Quelle:
Offener Brief von LEAP Deutschland an die Abgeordneten des deutschen Bundestags (27.02.2019)
Aber es ist doch nicht nur eine Selbstschädigung, denn Cannabis-Konsumenten sind nicht so leistungsfähig. Das ist ein Schaden für die Volkswirtschaft!
Ein perverses „Argument“. Das setzt erst einmal voraus, dass alle Cannabis-Konsumenten sich permanent die Birne wegballern. Das ist definitiv nicht der Fall. Aber selbst wenn dem so wäre, hat doch kein Mensch bei der Geburt unterschrieben, dass er seine Existenz der Volkswirtschaft unterordnen muss. Grundrechte? Freihheit? Wohl eher Zweitrangig in den Augen vieler Konservativer, die beim Bier oder Wein gerne über die Cannabis-Befürworter lächeln.
Dieses „Argument“ möchte ich gerne nochmal näher nach z.B. Vatertag, Karneval, Silvester, einem Schützen- oder dem Oktoberfest diskutieren.
Es gibt natürlich Menschen, die den Konsum übertreiben und wirklich ein Problem haben. Aber die gibt es doch trotz des Verbotes heute schon. Etwas 10% der heutigen Konsumenten haben einen problematischen Konsum. Aber das ist in erster Linie Selbstschädigung, wie in anderen Lebensbereichen auch.
„Das Drogenstrafrecht beinhaltet die gravierende Besonderheit, dass ein potentiell selbstschädigendes Verhalten mit Strafe bedroht wird. Selbst die alternative Begründung, nicht die Selbstschädigung, sondern die abstrakte Fremdschädigung sei strafbewehrt (z. B. durch Belastung des Gesundheitssystems oder des persönlichen Umfeldes im Falle einer Suchterkrankung des Konsumenten) ist juristisch eine absolute Ausnahme.“
Quelle:
Offener Brief von LEAP Deutschland an die Abgeordneten des deutschen Bundestags (27.02.2019)
Aufgrund des Verbotes fehlt es ja an Jugend- und Verbraucherschutz, sowie ehrlicher Aufklärung. Das sind natürlich beste Voraussetzungen möglichst viele Konsumenten mit Problemen zu beladen und einen viel größeren volkswirtschaftlichen Schaden zu erzeugen. Wobei dann immer noch nicht der volkswirtschaftliche Schaden zählt, sondern die individuellen Probleme der Konsumenten, sprich der Menschen! Der Mensch sollte an erster Stelle stehen und nicht das schnöde Geld. Aber das geht hier wahrscheinlich zu weit.
Aber es ist doch eine Einstiegsdroge!
Ich diskutiere nicht mehr groß über die falsche Einstiegsdrogen-These, da diese vom Bundesverfassungsgericht bereits 1994 widerlegt wurde. Selbst die von der Union durch Herrn Seehofer beauftragte Kleiber/Kovar Studie hat dies 1997 bestätigt. Die allermeisten konservativen Politiker ignorieren oder verschweigen dennoch diese Erkenntnis und wiederholen laufend das alte Märchen. Kein seriöser Wissenschaftler oder Experte vertritt diesen Unsinn heutzutage noch!
Cannabis bietet höchstens einen Einstieg in den völlig unregulierten Schwarzmarkt, der nur aufgrund der schädlichen Prohibition besteht und konservative Politiker zu verantworten haben. Man greift aber nicht von einer Substanz zur anderen. Ein wenig Respekt vor Fakten und Logik sollten auch Gegner einer Legalisierung haben.
Aber die internationalen Verträge verhindern eine Legalisierung!
Dabei handelt es sich primär um die UN Single Convention on Narcotic Drugs (SCoND).
Wenn man als EU-Mitglied aus der SCoND austreten möchte, ist das Schengener Abkommen ein Problem. Es deklariert die SCoND laut Carmen Wegge (SPD) zu sekundärem EU Recht.
Eine Entkriminalisierung von Eigenanbau und Besitz ist ohne Änderung der Verträge möglich, wie einige EU-Staaten beweisen. Aber aktuell wird die komplette Legalisierung inkl. Produktion und Handel angestrebt.
Einige US-Staaten, Kanada und Uruguay ignorieren die SCoND, was zwar keine Strafen mit sich bringt, aber auch nicht der eleganteste Weg ist.
Es scheinen aber laut einiger Rechtsexperten durchaus Lösungen zu existieren, trotz Beitritt zur SCoND eine Legalisierung umzusetzen:
Zusammenfassung eines Whitepapers zum Thema
https://krautinvest.de/lex-lata-was-koennen-wir-lernen/
Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Kai Amboss im Interview
https://www.radioeins.de/programm/sendungen/die_profis/archivierte_sendungen/beitraege/cannabis-legalisierung-und-voelkerrecht.html
Hinweis von Steffen Geyer (langjähriger Aktivist und Mitarbeiter im Hanfmuseum Berlin):
“Die Unterzeichner der Single Convention verpflichten sich nicht zum Verbot sondern zu „Regeln, die den Missbrauch bekämpfen“. Das kann durchaus auch ein Legalmarkt sein.
Buchtipp: Die national- und internationalrechtliche Grundlage der Cannabisprohibition (Nicole Krumdieck)“
https://twitter.com/UsualRedAnt/status/1541836827597881344?t=c-vb_tHxwWOmSRqoU26V0A&s=19
Beitrag erstellt am:
04. Juli 2022
Zuletzt aktualisiert:
04. Juli 2022