Persönlichen Erkenntnisse bezüglich Cannabis und dessen Legalisierung
Da ich mich schon jahrelang mit Cannabis und dessen Legalisierung befasse, habe ich ein paar persönliche Erkenntnisse gesammelt. Im Folgenden versuche ich eine Zusammenfassung mit Schwerpunkt auf die Legalisierungsdebatte wiederzugeben.
Der Konsum von Cannabis ist faktisch mit realen Risiken verbunden, auch wenn man nicht daran sterben kann. Eine Verharmlosung der Risiken hilft weder Konsumenten noch der Legalisierungsdebatte, auch wenn eine Dramatisierung ebenso abzulehnen ist.
Dabei ist es in Fachkreisen unumstritten, dass die Prohibition die bestehenden Risiken erhöht und zusätzliche schafft. Cannabis ist höchstens eine “Einstiegsdroge” in den Schwarzmarkt, der ohne die Prohibition nicht in diesem Ausmaß existieren würde. Dort können auch weitere Drogen ohne Qualitätskontrolle, Jugendschutz oder Aufklärung angeboten werden. Auch der Druck durch die Strafverfolgung, möglichen Führerscheinverlust, sowie Stigmatisierung und dessen möglichen Auswirkungen sind sicherlich nicht förderlich für die Psyche. Um nur mal ein paar Beispiele zu nennen. Steigende THC-Werte wären an sich nicht unbedingt ein Problem, wenn man die Ware klar deklarieren würde. Mal von den ganzen Streckmitteln abgesehen, welche immer häufiger eingesetzt werden. Allerdings würde ich persönlich auch lieber eine moderate Sorte konsumieren, wenn ich denn die Wahl hätte.
Die Prohibition schützt also nicht die Konsumenten, sondern hilft besonders der organisierten Kriminalität, welche am meisten davon profitiert.
Der einzige logische Weg die Risiken zu minimieren und die organisierte Kriminalität zu schwächen, ist eine Legalisierung, welche in verschiedenen Formen erfolgen kann. Eine Überregulierung und zu hohe Steuern würden allerdings den Schwarzmarkt weniger stark schrumpfen lassen. Wobei hier auch gesagt werden muss, dass ein Schwarzmarkt wahrscheinlich immer fortbestehen wird, wie bei Tabakprodukten auch. Die Frage ist nur, wie viel Futter man diesem in Zukunft bieten möchte.
Bei einer Legalisierung muss der Eigenanbau erlaubt werden. Dies kann besonders für finanzschwache Konsumenten wichtig sein, aber stellt auch gleichzeitig eine Schwächung des Schwarzmarktes und Konsumentenschutz dar. Allerdings gibt es noch weitere Gründe für den Eigenanbau, wie z.B. erhöhte Sortenauswahl.
Es besteht der dringende Bedarf nach sachlicher Aufklärung, welche auf die entsprechenden Zielgruppen zugeschnitten sein muss (z.B. junge Menschen, Eltern, erwachsene Konsumenten). siehe “Weiterführende Links” am Ende dieses Beitrags
Für Menschen mit problematischen Konsummustern würde in einem legalen Umfeld die Hemmschwelle sinken, sich Hilfe zu suchen. Hilfsangebote müssten sehr niedrigschwellig gestaltet werden. Die aktuelle Situation, in der volljährige Konsumenten teilweise gerichtlich zu einer Suchtbehandlung direkt oder indirekt gezwungen werden, obwohl gar kein problematisches Konsumverhalten vorliegt, ist eigentlich nur für die Suchtkliniken vorteilhaft.
Eventuell braucht der ein oder andere Mensch mit massiveren Suchtproblemen Druck, um an einer Therapie teilzunehmen oder sonstige Hilfe in Anspruch zu nehmen, aber dieser sollte primär durch das soziale Umfeld generiert werden. An erster Stelle sollte allerdings auf Freiwilligkeit gesetzt werden. Das Thema Sucht hat oft primär andere Ursachen als die konsumierte Substanz, wobei hier natürlich auch differenziert werden muss. Das führt jetzt an dieser Stelle zu weit und ich bin kein Experte auf dem Gebiet. Aber mit Sicherheit kann ich sagen, dass dies ein Gesundheitsthema ist und keines der Strafverfolgung.
Egal wie man eine Legalisierung gestaltet, wird es nie einen “perfekten” Jugendschutz geben, aber die Rahmenbedingungen wären wesentlich besser und effektiver. Allein durch saubere und klar deklarierte Ware, können Risiken minimiert werden. Ein schrumpfender Schwarzmarkt würde auch gleichzeitig ein geringeres Angebot für Minderjährige bedeuten. Auch hier müssen niedrigschwellige Hilfsangebote bestehen, falls der Jugendschutz und die Aufklärungsangebote in Einzelfällen nicht gegriffen haben.
Die Ungerechtigkeit bezüglich der Führerschein-Thematik verhindert mehr Verkehrssicherheit. Nachvollziehbare Regeln und Testmöglichkeiten wären wesentlich zielführender als die aktuelle Situation des Ersatzstrafrechts durch ungerechtfertigten Führerscheinentzug. Auch wenn die Institute, welche in dem Bereich MPU (Medizinisch-Psychologische Untersuchung) involviert sind, von der aktuellen Situation profitieren und für dessen Fortbestand werben.
Die Zahl der Konsumenten ist an sich erstmal kein geeignetes Kriterium für eine Diskussion. Wichtig ist in diesem Bezug eher die Frage, wie viele Menschen einen problematischen Konsum betreiben und ob Minderjährige bestmöglichen Schutz genießen. Abgesehen von der generellen Risikominimierung, wie bereits oben beschrieben.
Es wird niemals alles perfekt sein, auch wenn wir schon von vielen Erfahrungen aus anderen Staaten profitieren können. Man kann allerdings bei Problemen regulatorisch immer nachsteuern, wenn legalisiert wurde!
Bei den ganzen Diskussionen mit Gegnern einer Legalisierung schwingen oft Vorurteile, Ängste und teilweise Stigmatisierung mit. Die Gründe hierfür können vielfältig sein. Ängste kann man oft durch sachliche Aufklärung nehmen. Hier hilft, zumindest meiner Erfahrung nach, eine Verharmlosung nicht weiter und ist insgesamt auch unsachlich. Eine differenzierte Sichtweise in dieser Debatte halte ich für Gegner und Befürworter zielführender.
Es gibt sicherlich Prohibitionisten, wie Rainer Thomasius oder Rainer Wendt, die sich anscheinend nie von den Vorteilen einer Legalisierung überzeugen lassen. Aber auf die sollte man sich nicht konzentrieren, und höchstens deren teilweise unsachlichen Äußerungen Paroli bieten.
Bei einigen haarsträubenden Behauptungen mancher Cannabis-Liebhabern muss ich auch die Hände über den Kopf zusammenschlagen. Gefährlich wird es, wenn irgendwelche medizinisch unhaltbare oder unbelegte Heilsversprechen abgegeben werden, oder es als komplett harmlos dargestellt wird. Ja, es birgt in meinen Augen auch weniger Risiken als die bereits legalen Drogen. Aber je nach individueller Situation und Konsumverhalten, gibt es ganz klare Risiken, die erhebliche Auswirkungen auf die Psyche und/oder das soziale Umfeld haben können.
Aber bei all den Abwägungen zwischen Pro und Contra muss man immer bedenken, dass sich diese Debatte am Ende primär um persönliche Freiheitsrechte dreht, welche durch eine Prohibition unverhältnismäßig eingeschränkt werden. Dafür muss man Cannabis nicht verharmlosen oder verteufeln, sondern sachlich betrachten. Der Unterschied zwischen Selbst- und Fremdschädigung ist hier essenziell.
Wirtschaftliche Aspekte, wie Steuereinnahmen, sind zwar nette Nebeneffekte, müssen aber bei der Diskussion sekundär sein.
Einige Gegner einer Cannabis-Legalisierung merken an, dass viele Argumente der Befürworter auch für andere illegale Drogen angewendet werden könnten. Die absolute Dringlichkeit liegt bei Cannabis, denn hier sind die meisten Konsumenten zu verzeichnen und im Prinzip könnte es jeder zuhause produzieren (anbauen). Auch die Risiken sind im Vergleich zu anderen illegalen Drogen, ohne zu verharmlosen, nicht so groß. Insbesondere im Vergleich zu Kokain, Heroin oder Methamphetamin (Crystal Meth).
Allerdings fordert der logische Schluss, dass man dennoch über den zukünftigen Umgang mit allen weiteren illegalen Substanzen nachdenken sollte. Ich persönlich strebe nur die Legalisierung von Cannabis an, weil ich keine anderen illegalen Substanzen konsumiere. Aber dennoch werden andere Substanzen konsumiert, mit allen negativen Folgen der Prohibition. Es geht immer darum Schaden von Konsumenten abzuwenden und nicht der organisierten Kriminalität den Gesundheitsschutz zu überlassen. Harm Reduction durch Drug Checking wäre eigentlich das Mindestmaß, welches man einführen sollte.
Eigentlich sollte sich jeder, der sich ernsthaft an der Diskussion beteiligen möchte, mit den Ursprüngen der modernen Drogenprohibition als solches befassen und warum diese auf Rassismus und Stigmatisierung gründet. Dies möchte ich an dieser Stelle nicht vollumfänglich wiedergeben, aber man kann festhalten, dass die Kategorisierung in legal und illegal nichts mit dem Gefahrenpotential zu tun hat. Es wurden keine wissenschaftlichen Faktoren zur Klassifizierung herangezogen.
Zum Schluss noch einen weiteren Aspekt. Auch wenn man prinzipiell den Freizeitgebrauch und medizinischen Einsatz von Cannabis trennen sollte, gibt es dennoch Überschneidungen:
Einige Menschen mit weniger schweren Leiden könnten durch eine Legalisierung eventuell auf andere Medikamente verzichten oder deren Einsatz zumindest reduzieren, ohne dafür einen Arzt konsultieren zu müssen. Menschen mit schweren Leiden könnten niedrigschwellig ausprobieren, ob Cannabis ihnen hilft. Auch wenn es besonders bei schweren Leiden ratsam wäre, vorher einen kompetenten Arzt zu konsultieren.
Die aktuelle Situation (Stand 2021) ist für Cannabispatienten nicht optimal, da zu hohe Hürden auf diversen Ebenen bestehen. Sei es einen entsprechenden Arzt zu finden, der Cannabis verschreibt und sich mit den Anträgen herumschlägt. Oder sei es die Kostenübernahme durch die Krankenkassen, die oft abgelehnt werden. Aber das ist ein eigenständiges Thema, in dem andere Menschen und Organisationen wesentlich besser Bescheid wissen. Dennoch würde eine Legalisierung für den Freizeitgebrauch bestimmt positive Auswirkungen auf den medizinischen Einsatz haben.
Es muss allerdings gerade zu Beginn einer Legalisierung sichergestellt werden, dass die Versorgung der Patienten oberste Priorität hat. Die Möglichkeit des legalen Eigenanbaus würde hier sicherlich auch positive Effekte haben.
Sicherlich habe ich noch irgendwelche Aspekte nicht bedacht, aber die wichtigsten Punkte sind aus meiner bescheidenen Sicht enthalten.
Weiterführende Links zum Thema
Gedanken zur Umsetzung der Legalisierung
Ich habe als Laie, aber erfahrener Konsument und Vater, mal ein paar Beispiele für ehrliche und zielgruppenorientierte Aufklärung in Textform erstellt. Fachlich und didaktisch sicherlich nicht das gelbe vom Ei, aber auf Augenhöhe und basierend auf Erfahrung. Generell sollten Inhalte ansprechend vermittelt werden, da ist die Textform bestimmt nicht die beste Wahl. Aber das könnten entsprechende Experten optimieren und sind jetzt nur als laienhafte Beispiele zu verstehen:
Ehrliche Aufklärung (insbesondere für junge Menschen)
Tipps für Konsumpausen, reduzierten Konsum oder bei Problemen
Diese Beiträge sollte man gesehen/gehört haben, wenn man noch keine große Ahnung von Cannabis hat und die durch das Verbot verursachten Probleme noch nicht kennt:
Linksammlung – Grundlagen zum Thema Cannabis und Prohibition
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Zuletzt aktualisiert:
06. April 2022